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Vom Schießeisen und der Liebe

Vom Schießeisen und der Liebe

Annaberg-Buchholz. Normalerweise wird in den Wäldern des Erzgebirges aufs Wild geschossen, wilderte in früheren Zeiten Karl Stülpner oder Indianer sorgen auf den Greifensteinen für Schießpulververbrauch. Nun aber betritt im Eduard-Winterstein-Theater Annie Oakley die Bühne und sorgt mit ihrem zielsicheren Gewehr für Furore. In kluger Spielplan-Politik hat Intendant Dr. Ingolf Huhn erkannt, dass deren Musical von Irving Berlin nach seinen großen Erfolgen fast gänzlich von den Spielplänen der Welt verschwunden ist und sorgt hier mit der Aufführung wieder einmal für ein Alleinstellungsmerkmal. Da in der Wiedergabe auf das Werk vertraut wird, ist für das Publikum ein vergnüglicher Abend garantiert.

von Frieder Krause

© Dirk Rückschloß/ BUR-Werbung

Dieser zeichnet sich bereits beleuchtungstechnisch während der schwungvoll gespielten Ouvertüre ab. Regisseur Ansgar Weigner erzählt die Geschichte von der jungen Frau, die sich mit ihren jüngeren Geschwistern durchs Leben schlägt, den rivalisierenden Wild-West-Shows, der Indianerromantik, des Showgeschäftes mit der Sehnsucht nach Applaus und schließlich der Liebe zwischen Annie und Frank Butler mit viel Gespür für dieselbe bis ins kleinste Detail. Dabei darf er auf ein spielfreudiges Ensemble setzen, mit dem er ein Feuerwerk an Einfällen umsetzen kann. Man spürt die Freude am Spiel. Als Beispiel seien allein die Szenen mit Annies Geschwistern zu nennen. Selten sind Kinderdarsteller so bei der Sache.

Weigner hat für sein Konzept drei starke Partner. Robert Schrag nutzt alle Möglichkeiten an Bühnentechnik des kleinen Hauses effektvoll aus und schafft so schöne Räume für den Hotelbereich, das Zugabteil, den festlichen Partysaal, den Ort des Schießwettbewerbs oder den Schiffsrumpf. Erika Lust steuert farbenfrohe und zeitgetreue Kostüme bis hin zu tollen Tiermasken bei und Gesine Sand sorgt für den tänzerischen Schwung des gesamten Personals. So entstehen wirkungsvolle Massenszenen, die diese Bezeichnung auch verdienen. Als vierter Partner agierten im Vorfeld die Werkstätten und in der Vorstellung für die schnellen Umbauten und manchen Effekt das gesamte technische Personal.

Ohne Zweifel sind Madelaine Vogt als Annie und Jason-Nandor Tomory als Frank eine Idealbesetzung. Beide haben ihre stärksten Szenen, wenn sie mit den jeweils eigenen Mitteln um ihre Liebe kämpfen. Tomory überzeugte zudem mit kraftvoll baritonalen Glanz. Madelaine Vogt wählte im Vergleich zu ihren Operninterpretationen berechtigt zartere, gefühlvollere Töne. Dabei war nicht alles ideal hörbar oder lag dies an falscher Microport-Einstellung? Schade. Bettina Corthy-Hildebrandt (Dolly Tate), Matthias Stephan Hildebrandt (Foster Wilson), Michael Junge (Charlie Davenport) und Laszlo Varga (Buffalo Bill) sind die oft erprobten Stützen des Ensembles. Das beweisen sie auch diesmal mit typgerechter Charakterisierung.

© Dirk Rückschloß/ BUR-Werbung

In ihrer Komik dabei köstlich Bettina Corthy-Hildebrandt. Mit dem Ernst seiner Häuptlingsweisheit, aber auch gekonnt eingesetzten sächsischem Humor begeisterte einmal mehr Theaterurgestein Leander de Marel als Sitting Bull. In die Spielfreude des Ensembles brachte sich auch das neue Mitglied desselben, Jason Lee, als Pawnee Bill ein. Auf ihn warten große Herausforderungen im Verlauf der gerade begonnenen Spielzeit.

Unter der Leitung des 1. Kapellmeisters Dieter Klug war Irving Berlins Meisterwerk in guten Händen. Mit der Erzgebirgischen Philharmonie Aue sorgte er für den richtigen Sound der beliebten Ohrwürmer, dabei geschickt die akustischen Tücken des beengten Raumes ausgleichend. Schöne Einzelleistungen waren seitens der Trompeten und des Drum-Sets zu hören. Ein spürbarer Entwicklungssprung ist dem Extraballett zu bescheinigen. Nach Schwierigkeiten in vergangenen Jahren kann es nun mit Gesine Sand anspruchsvolle Choreographien effektvoll umsetzen. So war es nicht nachvollziehbar, dass es in der Applausordnung den begeisterten Schlussjubel kaum mit entgegennehmen konnte.

ANNOTATION

„Annie Get Your Gun“, Musik und Songtexte von Irwing Berlin, Buch von Herbert und Dorothy Fields, deutsche Gesangstexte von Robert Gilbert, deutsche Dialoge von Frank Thannhäuser, Ergänzungen und Überarbeitungen von Frank Thannhäuser.

Inszenierung                                    Ansgar Weigner
Musikalische Leitung                     Dieter Klug
Bühne                                                Robert Schrag
Kostüme                                           Erika Lust
Choreographie                                Gesine Sand
Chöre                                                Jens Olaf Buhrow

Annie Oakley                                   Madelaine Vogt
Frank Butler                                     Jason-Nandor Tomory
Buffalo Bill                                        Laszlo Varga
Pawnee Bill                                      Jason Lee
Sitting Bull                                        Leander de Marel
Charlie Davenport                          Michael Junge
Dolly Tate                                         Bettina Corthy-Hildebrandt
Foster Wilson                                  Matthias Stephan Hildebrandt
Little Jake                                         Anton Takahashi
Minnie                                               Ida Takahashi
Jessie                                                 Emilia Linke
Nellie                                                 Marie Illig

Chor des Eduard-von-Winterstein-Theaters
Mitglieder der Chorvereinigung Coruso e.V.
Extrachor, Extraballett
Erzgebirgische Philharmonie Aue

Weitere Vorstellungen:

So. 30.12. 2018, 19 Uhr / So. 3.2. 2019, 15 Uhr / Fr. 29.3. 2019, 19:30 Uhr /

Sa. 6.4. 2019, 19:30 Uhr / Fr. 10.5. 2019 19:30 Uhr

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