„Signal“ für Avantgarde

Kompositionen für Megaphon-Chor im Bergbau-Technik-Park uraufgeführt .

Begegnet man einer Gruppe mit Megaphonen und Notenständern, kann das nur ein Megaphonchor sein. So schräg diese Vorstellung sein mag, tatsächlich spielte anlässlich der 8. Tage der Industriekultur solch ein Chor im Bergbau-Technik-Park direkt neben der Zentraldeponie südlich von Leipzig.

Von Barbara Röhner

Während die Zuschauer wie im inneren einer Arena unter dem gigantischem Schaufelradbagger Platz nehmen konnten, verteilten sich die Musiker auf dem Rand des Expositionsgeländes. Nach und nach erklangen ungewöhnliche Töne, hervorgerufen durch Rückkopplungen von Megaphon und Mikro, Gesang, Mundgeräuschen oder Kratzen am Mikrophon.

Kaum setze ein Musiker ein, folgte ein anderer, bis eine avantgardistische Geräuschkulisse entstand. Triller, Gefauch, hohe Sopranstimmen, knarrende Knatterlaute – aber so unterschiedlich die Töne auch sein mochten, einte sie der metallische Klang des Megaphons, welcher perfekt zum Aufführungsort passte. Denn dieser seit 2012 entstandene Industriepark zeigt schließlich in eindrucksvoller Weise einen kompletten Förderzyklus in einem Braunkohlerevier, indem die Kommunikation einst über Funk oder eben über Megaphone erfolgte.

Diese Geschichte aufgreifend brachte der Megaphonchor jeweils Kompositionen vom Petersburger Komponisten Sergey Khismatov und der ukrainischen Komponistin, Musikerin und Performerin Anna Korsun zu gehör. Letztere komponierte eigens für Megaphone das Stück „Signals“, das der Veranstaltung den Titel verdankt. Ungeachtet des technischen Charakters der Signale setzten sie doch eine Menge an Assoziationen und Gefühlsketten in Gang. In Einklang mit dem morbiden Charme der stillgelegten Giganten der Braunkohleindustrie in Sonnenuntergangsstimmung muss man kein Freund Stockhausens und Co. sein, um diesen Abend zu genießen. Eine rundum spannende Veranstaltung.