Home | Theater | Mit dem Publikum auch in Coronazeiten verbunden
Mit dem Publikum auch in Coronazeiten verbunden

Mit dem Publikum auch in Coronazeiten verbunden

Blick auf Aktivitäten in Annaberg-Buchholz, Freiberg und Altenburg/Gera.

Während die Leipziger Oper auf ihrer Website ihr Publikum lediglich mit einem Videoclip einer Inszenierung (Opernkino) grüßt und somit recht unpersönlich bleibt, gehen kleinere Theater auf demselben andere Wege. Somit werden auf liebenswerte Weise Verbindungen zu allen Publikumsschichten geschaffen. Also auch zu denen, die Berührungsängste mit den sozialen Netzwerken haben. Schauen wir uns die Offerten der Theaterhäuser in Annaberg-Buchholz und Freiberg näher an. Zudem gibt es noch einen kurzen Blick nach Altenburg/Gera.

von Frieder Krause

So lädt man am Annaberger Eduard-von-Winterstein-Theater zum Couch-Viewing. Dafür wird einleitend durch „wackere Recken“ eine kleine Bühne mit besagter Couch, einem Pferd, anderen Utensilien und dem Hoffnungsträger des Erzgebirges, dem Schwibbogen, unter flotten Klängen aufgebaut. Unangefochtener Star ist schließlich und endlich Theatervogel Eddie. Alle Aktivitäten in diesem Format werden von Ensemblemitgliedern getragen. Dabei tragen die Dramaturgin und Theaterpädagogin Asia Schreiter, die Abendspielleiterin Lucia Reichardt sowie der Schauspieler Udo Prucha die „Hauptlast“. Als weitere Aktivposten seien hier stellvertretend genannt: Der erste Kapellmeister Dieter Klug, der Studienleiter Karl-Friedrich Winter, vom Orchester Dirk M. A. Bores (Violine), die Sänger Anna Bineta Diouf, Jason-Nandor Tomory und Jason Lee, Chorsängerin Juliane Roscher-Zücker sowie die Schauspielerinnen Tamara Korber und Marie-Louise von Gottberg.

Eingeladen wird bei „Couch-Viewing“ zu verschiedenen Reihen, die eine breite Palette der sogenannten „ernsten Kunst“, Heiterem bis hin zum groben Spaß bedienen. Für Letzeres stand am 16. Mai die „Late-Night“ anstelle der eigentlich geplanten langen Nacht des Gegenwartstheaters rund um den Fußball. An anderer Stelle erklärt das Pferd die verschiedenen Berufe an einem Theater. In der Reihe „From Orchestra with Love“ werden von Musikern der Erzgebirgischen Philharmonie Aue zusammen mit Theatervogel Eddie Instrumente vorgestellt. Bei den „Spitzentönen“ wählte Dieter Klug Kostbarkeiten der Klavierliteratur aus, sangen Madelaine Voigt in Begleitung von GMD Naoshi Takahashi sowie Jason-Nandor Tomory und Laszlo Varga. „Beschränkt im Heim“  erzählt vom veränderten Alltag im Hause von Juliane Roscher-Zücker und Udo Prucha. Theaterfreunde haben die Möglichkeit Stückvorschläge für neue Opern einzureichen, die Karl-Friedrich Winter zusammen mit Anna Bineta-Diouf und Jason Lee bearbeitet. Da kann auch durchaus mal  Herr Wagner und Herr Mozart „vergewaltigt“ werden und der Luxusartikel „Klopapier“ kommt zu seinem Recht. „Jukebox“ heißt dieses Format. Selbst ans Kochen wird gedacht. Das internationale Ensemble lädt mit Rezepten und live aus der Küche zu „Kochen aus aller Welt“ ein. Ergänzt wird die Palette der Angebote mit Gymnastikvorschlägen von Choreographin Siegrun Kressmann und mit Lesungen, z.B. aus „Alices Abenteuer im Wunderland“ oder „Decamerone“ sowie Ausflügen in die Welt der Lyrik. Da ist auch Intendant Dr. Ingolf Huhn präsent.

Ein tief berührendes Gedenken an die Opfer des 2. Weltkrieges und aller Gewalttaten dieser Zeit gelang am 8. Mai anlässlich der Erinnerung an das Kriegsende vor 75 Jahren. Künstler und Mitarbeiter des Theaters suchten im gesamten Landkreis Gräber und Gedenksteine auf und legten dort Blumen nieder. Im Video wird dieses Gedenken musikalisch einfühlsam durch Dirk M. A. Bores (Violine) und Peggy Einfeldt (Klavier) untermalt. Dies sind 11 Minuten  Erinnerungskultur, die unter die Haut gehen und einmalig sind.

Bedingt durch die Bespielung der Freilichtbühne „Greifensteine“ geht man am  Annaberger Theater eher als anderswo in den Urlaub. Dies ist auch 2020 so, obwohl derzeit auch dort kein Theaterspiel möglich sein wird. So legt ebenfalls „Couch-Viewing“ eine Pause ein. Dennoch versprechen die Macher eine Präsens an jedem Donnerstag und ab 25. Juni geht es wieder in die Vollen.

Vor der Sommerpause ist noch ein echter Clou gelungen! Beim „Couch-Viewing“ war das Publikum aufgerufen worden, Wortvorschläge für ein Annaberg-Lied einzureichen. Diese haben Stephanie Ritter und der Komponist Mark Scheibe zu einem mit viel Heimatliebe und Hoffnung auf bessere Zeiten machenden Hit vereint. Vorgetragen vom Winterstein-Chor, der Chormitglieder und Solisten des Theaters sowie Mitglieder der Chorvereinigung „Coruso e.V.“ vereint, begleitet von Mitgliedern der Erzgebirgsphilharmonie Aue. Die Uraufführung erfolgte am 18. Mai und wird mit Sicherheit ein begeistertes Echo auslösen. Eine schöne Geste auch der Dank an alle Macher von „Couch-Viewing“ und an das treue Publikum.

Unter dem Motto „Grüße in den Mai“ versendet das Ensemble des Mittelsächsischen Theaters Freiberg/Döbeln Videobotschaften an sein Publikum. Diese starten mit einer eigenen Version des Titelsongs aus „Hello, Dolly“ in der Interpretation durch  Susanne Engelhardt. Unter den mittlerweile 19 Botschaften (Stand 20.05.) sind neben vielen Grüßen von Musikern der Mittelsächsischen Philharmonie die strahlende Botschaft „Freunde, das Leben ist lebenswert“ aus „Giuditta“ von Franz Lehar, gesungen von Tenor Frank Unger oder die facettenreiche Gestaltung des Richard-Strauss-Liedes „Ach weh mir unglückhaften Mann durch Sergio Raonic Lukovic zu nennen. Auch Herr Goethe kommt zu Wort. Nikolai Medtner hat des Altmeisters Mailied vertont, welches Rea Alaburic dem Publikum vorstellt. Schauspielerin Anna Bittner macht selbiges mit Bertolt Brechts „Leichtigkeit“ und Hamlets Rede an das Publikum vertraut. Zur Perle für die jüngsten Theatergänger ist ein Ausschnitt aus dem Klassenzimmerstück „Teddy Washables Abenteuer“  nach Michael Ende geworden. Berührend trägt Schauspielerin Conny Grotsch selbige vor, musikalisch in lustiger Weise von Orchestermusikern begleitet. Hoffen wir, dass die zukünftigen Theatergänger bald wieder das vollständige Stück erleben können!

Werfen wir abschließend noch einen kurzen Blick auf die Aktivitäten und die Situation am Theater Altenburg-Gera. Dort wendet man sich ausschließlich über Socia  Media, also Facebook und Instagram, an sein Publikum. Dafür sorgen per Clips Künstler und Mitarbeiter für Einblicke in das vielfältig bunte Theaterleben. Diese geben mal melancholisch, mal humorvoll Einblicke in das Homeoffice, z. B. bei Dramaturgin Sophie Oldenstein, lassen Hausmusik oder Rezitationen erklingen. Unter vielfältigen diversen Darbietungen ist auch Generalintendant Kay Kuntze mit Vertonungen von Texten Wilhelm Buschs und  einem  Spiel auf der Ukulele zu erleben.

Für die Altenburger Theaterfreunde ist die derzeitige Situation besonders hart. Bekannter-

maßen wird das dortige historische Theaterhaus, die kleine Semperoper, im technischen und logistischem Bereich bis zum kommenden Jahr saniert. Mit einem Theaterzelt auf dem Altenburger Festplatz am Großen Teich wurde eine würdige Ersatzspielstätte installiert. Mit ihrer Funktionalität und der großzügigen Ausstattung hatte sie große Teile des Publikums begeistert. Nun kann dort leider nicht gespielt werden und man hofft noch intensiver (als anderswo?) auf den Neustart.

Glücklicherweise gehen aber die Bauarbeiten im Landestheater als Hoffnungsschimmer nach einer Pause noch vor Corona durch Vergabestreitigkeiten weiter. Magisches Datum der Wiedereröffnung ist der 16. April 2021. An diesem Tag soll ein großes Jubiläum gefeiert werden: 150 Jahre Landestheater Altenburg! Auch wenn der Sanierungsabschluss schwer zu realisieren sein wird, Theaterleitung und Publikum sind sich einig: Es wird gefeiert!

Foto/Screenshot

Virtuelles Theaterprogramm Couch Viewing

Quelle: © Eduard-von-Winterstein-Theater Annaberg-Buchholz

Scroll To Top