„Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie“ im Frauenzimmertheater Leipzig.
Odin Ludwig ist Lenes erfolgreicher Macker. Seit zwanzig Jahren ist sie mit dem Banker verehelicht. Heute ist Hochzeitstag, und Lene hat es schön gemacht: Karpfen gekocht, Wein kaltgestellt, Konzertkarten besorgt, die Falten geglättet und nach dem schönen Abend erhofft sie sich noch schönen Sex.
Von Henner Kotte
Aber der Odin ist sechse nicht heeme und erscheint nimmer in den nächsten Stunden. Nun muss sich die Lene sorgen: Unfall, Trennung, gar ein Verbrechen? In diesen bangen Minuten überdenkt sie Leben und Sterben, ihre Karriere, ihre Verluste, ihre Aufopferung. Sie steigert sich in wüste Phantasien von Puff, Liebesbetrug, Mafiageld und Enterbung. Und wahrlich werden für all ihre kruden Ideen die Beweise geliefert: Schwarzgeld im Safe, Pistole im Schrank, Anrufe auf Odins Geheimhandy und und und, da nimmt es nicht Wunder, dass die Lene am Rad dreht und aufs Ende hin übers Happyend hinaus schießt.
Frauen bewerten ihr Leben, ist dem Theater nicht neu. Guten Morgen, du Schöne hielt einst die DDR ob der ungeschönten Realität in Atem. Vagina-Monologe schockten und zeigten auf sehr sensible Stellen. Wie hörten das Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe, und eine Cavewoman zog die Traditionslinien von der Urzeit ins Jetzt. Nun also spricht Frau Lene Ludwig Ene meine Maus, und du bist raus über ihren abwesenden Gatten, und das tut sie in einer Mordskomödie im Frauenzimmertheater. Da ist der Name Programm möchte man meinen: Antje Poser steht auf der wunderschön schrägen Bühne, Ev Schreiber inszenierte mit mancher Musik. Die Urheberschaft des Textes wird nur insofern verraten: eine Autorin (wer sonst). Und im Publikum sind die Männer Minderheit mit einem Drittel. Die Dramaturgie des Abends ist schnell erkannt: Das schöne Ehebild gerät in Minuten zur Katastrophe. Themen wie Gleichberechtigung, Kochkunst, Frustrationen im Alltag werden verhandelt. In der Natur solcher Theatersache liegt, dass man ohne Klischee nicht ganz auskommt. Wenn der Herr denn böse ist, ist er‘s ganz. Wenn der Denkfaden zu zerreißen droht, klingelt das Telefon. Und gar Beethoven im Jubiläumsjahr gedenkt die Lene. All das wird vergnüglich serviert. Wir haben unseren Spaß dran gehabt.
Ein paar Holpersteine lassen trotzdem fragen: Brachial beginnt der Ehezwist mit Beethovens Neunter – Freude, Freude? Nee, da wird der Privatkreis ins Überdimensionale gezogen, ansonsten illustrieren die Musikschnipsel Lenes psychische Verfasstheit recht gut. Aber dass diese Frau als entlassene Professorin keinerlei Einkünfte mehr generiert und sich zum Heimchen am Herd wandeln muss, bleibt dem Zuschauer ein Rätsel. Und letztlich kommt die Pistole zum Einsatz und beendet das Stück. Dieser erwartbare Schussschluss wäre zu toppen, wenn Odin letztendlich doch vor der Tür noch stünde. Da könnte der Zuschauer rätseln, was denn an diesem Monolog wirklich und was eingebildete Krankheit. Denn wenn die ganzen Vorwürfe, der Widersinn und die Abhängigkeiten nicht immer knallhart auf dem Boden der Realität landen würden, hätte der Betrachter mehr zu denken und es wiese über das Abbild eines Ehegeschehens hinaus.
Aber der Enthusiasmus des Teams im kleinen Raum in Wagners zweiter Etage hinterm Großen Blumenberg begeistert. Es könnte gut sein, dass sich die Bühne in Herzen eines Publikums spielt. Unseres hat sie.
Annotation
Frauenzimmertheater.
Wo?
Wagners Restaurant und Weinwirtschaft
Richard-Wagner-Platz 1
04109 Leipzig
Eingetreten durch ein großes Tor, in unseren Hof,
welcher 1727 die Erste Leipziger Theaterspielstätte (Haus Großer Blumenberg am
Brühl) „Neuberin“ beheimatete.
„Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie“. Text: Elsa Barth und Ev Schreiber
Dr. Lene Ludwig, Erziehungswissenschaftlerin an einer deutschen Universität, ohne Kinder. Verheiratet mit Odin, einem erfolgreichen Banker. Prinzipiell sorgenfrei. Eines Tages wird ihre Stelle gestrichen, für Lene beginnt die Leere – zu oft allein. Beim Umräumen der Villa findet sie den versteckten Safe, das bürgerliche Refugium bröckelt … Eine skurrile Komödie über die Gier und die Lügen des Alltages.
Es spielt: Antje Poser / Regie: Ev Schreiber
Weitere Vorstellungen:
09.02.20 – 18 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus –
eine Mord(s)komödie
21.02.20 – 20 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie
22.02.20 – 20 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie
23.02.20 – 18 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie
28.02.20 – 20 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie
29.02.20 – 20 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie
01.03.20 – 18 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus –
eine Mord(s)komödie
06.03.20 – 20 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie
07.03.20 – 20 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie
08.03.20 – 18 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie
20.03.20 – 20 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie
21.03.20 – 20 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie
22.03.20 – 18 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie
05.04.20 – 18 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus –
eine Mord(s)komödie
11.04.20 – 20 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie
12.04.20 – 18 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie
17.04.20 – 20 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie
18.04.20 – 20 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie
19.04.20 – 18 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie
25.04.20 – 20 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie
26.04.20 – 18 Uhr: Ene mene Maus und du bist raus – eine Mord(s)komödie
Credits:
Besuchte Vorstellung: 8.2.2020, veröffentlicht: 8.2.2020
Foto: (c) FZT