Wiederaufnahme des erfolgreichen Musicals „Anatevka“ an der Musikalischen Komödie
Es ist der Abend des hoch präsenten Ensembles mit dem herausragenden Milko Milev an der Spitze. „Anantevka“ gehört zu den wichtigsten und eindrucksvollsten Inszenierungen, die in diesem Jahr an der Musikalischen Komöide Leipzig laufen. In ihr kommen die sängerisch-komödianten Stärken dieser kleineren Musiktheaterbühne Leipzigs zum Tragen, die ihr vielleicht deutschlandweites Alleinstellungsmerkmal sind..
Von Moritz Jähnig
Das in Europa sehr bekannte amerikanische Stück „Anatevka“ folgt in allem der erprobten Konzeption der großen Erfolgsmusicals der 40er und 50er Jahre und findet seit seiner Premiere 1964 in New York ungebrochen ein zahlreiches Publikum. Die Regie von Cusch Jung an der Musikalischen Komödie Leipzig vermeidet jeden folkloristischen oder sentimentalen Überschwang. Man findet alle Elemente des zugrundeliegenden Buches „Fiddler on the Roof“ von Joseph Stein wieder. Die Vorlage verfasste Stein wiederum nach Motiven aus den jiddischen Erzählsammlung „Tewje, der Milchmann” von Scholem Alejchem, entstanden zwischen 1894 und 1916. Die Szenen und vor allem die Ausstattung von Karel Spanhak an der Muko halten sich fern jeden romantischen Klischees vom Schtetl, sondern .
Das Spiel von Chor, Ballett und Solisten ist temporeich, fröhlich, komödiantisch und hält einfach inne, wenn die Tragik des Lebens zuschlägt. Keine falsche Trauer, kein Tränenschütteln. Das Unglück, wie es in dieser Geschichte von Alejchem über sein idealisiertes polnisch-jüdisches Schtetl hereinbricht, trägt russische Unform. Der Zar aller Reussen steht exemplarisch für alles Elend, das scheinbar schicksalhaft die Menschlichkeit bedroht.
Unter den vielen Nummern aus „Anatevka“, die teilweise wie „Wenn ich einmal reich wär“ zu Welthits geworden sind, genügt für sich genommen schon die phantastisch-komödiantische Traumszene von Oma-Zeitels Erscheinung mit der skurril tänzelnden Martina Mühlnikel (Oma Zeitl, der sich von der Spukgeschichte überzeug gebenden Angela Mehling (Golde) und dem nie in wirkliche Verlegenheit zu bringenden Tevje von Milko Milev im Verein dem voll Lust und Laune singenden und tanzen Ensemble, um dieses Inszenierung für einen Besuch zu empfehlen.
Rezension der Premiere von Henner Kotte 13.2.2023
Annotation
„Anatevka – Der Fiedler auf dem Dach“. Buch von Joseph Stein, Musik von Jerry Bock, Gesangstexte von Sheldon Harnick, Musikalische Komödie Leipzig.
Musikalische Leitung Tobias Engeli / Florian Kießling; Inszenierung Cusch Jung; Choreografie Mirko Mahr; Bühne und Kostüm Karel Spanhak; Dramaturgie Kara McKechnie; Choreinstudierung Mathias Drechsler; Chor der Musikalischen Komödie; Extrachor, Ballett der Musikalischen Komödie; Komparserie der Oper Leipzig; Orchester Orchester der Musikalischen Komödie
Besetzung: Golde: Angela Mehling; Zeitel: Olivia Delauré; Hodel: Nora Lentner; Chava: Maria Hammermann; Bielke: Mara Flock / Livia Vitagliano / Elisabeth Martin; Sprintze: Hanna Andersson; Jente: Sabine Töpfer; Schandel: Martina Wugk-Kratz; Fruma-Sarah: Sabine Töpfer; Oma Zeitel: Martina Mühlnikel; Tevje: Milko Milev; Mottel Kamzoil: Jeffery Krueger; Perchik: Ivo Kovriar; Lazar Wolf: Michael Rasch; Motschach: Roland Otto; Wachtmeister: Günter Schoßböck; Rabbi: Radoslaw Rydlewski; Fedja: Stephen Budd; Sasha: Tobias Latte; Avram: Peter Waelsch; Mendel: Thomas Mierwa a.G.; Nachum: Holger Mauersberger; Ein Russe: Einar Dagur Jónsson; Fiedler: Sven Probst
Besuchte Vorstellung: Wiederaufnahme 9.9.2023; veröffentlicht: 10.9.2023; weitere Vorstellungen: 10., 23., 24.,9., 3.10., 25., 26.11., 13.12. und weitere
Creditis
Text: Moritz Jähnig, freier Theaterkritiker und Herausgeber, Leipzig
Fotos: © Kirsten Nijhof