Erfolgreiche Tenorsuche
an der Muko Leipzig.
Was tun, wenn Startenor Tito Merelli wegen Tablettentausch ausfällt? Dies ist die Stunde von „Muko-Wunderwaffe“ Andreas Rainer alias Max, der rechten Hand von Direktor Saunders. All dies geschieht vor dem Hintergrund, dass es sich spätestens seit „Jekyll und Hyde“ und dem „Grafen von Monte Christo“ herumgesprochen hat, was die Leipziger Muko im Genre des Musicals zu leisten vermag und sie so den Zuschlag zur deutschen Erstaufführung von „Lend me a Tenor!“ bekommen hat. Bekannter ist bisher die Vorlage in Form der amerikanischen Boulevard-Komödie „Otello darf nicht platzen“. So leistet die Musikalische Komödie Leipzig 2013 ihren ganz eigenen Beitrag zur Verdi-Ehrung.
Von Frieder Krause
In Clevelands Oper soll Verdis „Otello“ gegeben werden. Direktor Saunders ist wegen der verspäteten Ankunft des Startenors Tito Merelli – verehrt als „Lo Stupendo“ – in heller Aufregung. Badewannentenor Max – die rechte Hand des Direktors – würde gerne die Gunst der Stunde nutzen und selbst Otello sein. Doch noch traut er sich nicht. Schließlich ist der Star tatsächlich eingetroffen, leidet aber sichtlich unter einer Magenverstimmung. In einem vertraulichen Gespräch ermutigt er Max, zu seinen Gesangskünsten zu stehen. Und Max kommt zu seiner Chance, da Merelli Kohle- mit Schlaftabletten vertauscht und schließlich wegen der Überdosis für tot gehalten wird. Saunders schickt Max auf die Bühne und dieser schlägt sich darauf prächtig. Inzwischen erwacht der wahre Otello wieder und das Chaos nimmt seinen Lauf.
Soweit eine Kurzfassung der Handlung, die Regisseur Volker Vogel an der Muko mit gutem Gespür für das Genre Boulevard-Komödie und dem nötigen – aber nie übertriebenen – Tempo umgesetzt hat. Ihm gelingt es, menschliche Charaktere zu formen, die der Zuschauer eigentlich nur lieben kann. Darüber hinaus bringt er all dieses in seine eigene Rolle, die des Tito Merelli, ein.
Hier einige Beispiele, die für Vogels Bemühen, dem Werk gerecht zu werden und einen Erfolg zu sichern, stehen: Der Gesangsunterricht von Merelli für Max, Maxens „Sei du selbst“, der Titelsong zwischen Maggie und Max, die Durchfallhysterie von Chor und Ballett nach dem Krabbengenuss oder die Otello-Sturmszene zu Beginn. Und schließlich das Gesangsrepertoire der Diva in der Gestaltung und mit dem gesanglichen Können einer Angela Mehling. Wie sie den vermeintlichen Star in die Kissen drückt und gleichzeitig das letzte Aufzucken ewig sterbender Diven aufs Korn nimmt, ist einmalig. Patrick Rohbeck, ein Gewinn für das Muko-Ensemble vermag es, die Facetten seines Direktors zwischen Aufgeregtsein und Geschäftssinn auszuloten. Über allen Leistungen steht jedoch die des Andreas Rainer als Max, der zudem gesanglich – wie auch Mirjam Neururer als Maggie – alle Anforderungen der vielfältigen Gesangsformen erfüllt. Lediglich Sabine Töpfer fällt etwas aus dem Rahmen. Natürlich verspritzt sie als eifersüchtige Star-Gattin das nötige Gift. Doch man fragt sich nicht zum ersten Mal, warum sie in ihren Rollengestaltungen ordinär wirkende Formen einbringt. Angesichts ihrer großen Musical-Stimme hat sie dies nicht nötig.
50 Jahre hat sich mittlerweile Roland Seiffarth in das Leipziger Musikleben eingebracht. Mit „Lend me a Tenor!“ sorgt der Ehrendirigent der Muko für einen weiteren Höhepunkt in demselben. Da swingt es mächtig in diesem Zusammentreffen von Amerikas Musicalwelt und der italienischen Oper.
Seine Leistung samt des Orchesters, die Vogels und Rainers, des Chores und des Balletts unter Giorgio Madia, aller Mitwirkenden und das Bühnenbild / die Kostüme Norbert Bellens, sorgten zur Premiere folgerichtig für Standing ovations.
Erstaufführung 9.3.2013