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Halle, neues theater: „Die Weber“ von Gerhard Hauptmann, Regie Jo Fabian
„Die Weber“ von Gerhard Hauptmann

Halle, neues theater: „Die Weber“ von Gerhard Hauptmann, Regie Jo Fabian

Erfasst, verkürzt, zelebriert, gelungen

Sechs Monate nach der Premiere haben „Die Weber“ in der Inszenierung durch Jo Fabian nichts von ihrer zwingenden Bildmacht verloren. Gerhard Hauptmanns 1844 skandalbehaftet uraufgeführtes Drama fesselt seine Zuschauer, die Plätze einer zufällig ausgewählten Vorstellung sind so gut wie ausverkauft.

Von Moritz Jähnig

Anders als anno 2004, wo Volker Lösch in Dresden mit einer Hardcore-Aktualisierung seinerseits den Skandal suchte und damit die Fernsehmoderatorin Sabine Christiansen zum Erwirken einer einstweiligen Verfügung reizte, zelebriert Jo Fabian ein unter anderem mit „Rammstein“ unterlegtes Mysterienspiel: „Mehr“!
Seine Bühnenlösung dafür entspricht der Bühne des Jesuitendramas. Ganz unten die Hölle, die grausig glühenden Ab- und Untergründe unseres irdischen Daseins. Darüber die Ebene des Elends, der Sünder und darüber die Ebenen der Entrückten, die hier auch eindeutig die Ebene des lar pur lar ist.

Auf ihr tummelt sich Fabrikant Dreissiger (David Kramer) mit seiner Gattin, die weltverloren dem Spitzentanz lebt, nebst seinen Claqueuren und Kombattanten. So der Expedient Pfeiffer (Peter W. Bachmann) oder der Gendarm (Joachim Unger), die sich zwischen den Sphären zu bewegen vermögen, mal oben kriechen mal unten treten, was dieser Species letztlich das Überleben in allen Systemen sichert.
Der fette Pastor (Hilmar Eichhorn) hat sich auf der mit Kunst kaschierten Ebene der Macht quasi festgefressen. Nur schwer schafft er es, auf Weisung des Fabrikanten wieder hinab auf seinen Platz zu den ihm anvertrauten Schäflein zu steigen. Die kann er längst nicht mehr mit schönen Worten erreichen, noch weniger besänftigen. Die Weber unten in der Realität. laufen sich wund. Sie waten im Blut und singen stoisch und nervend vom „Jesus‘ blood never failed me yet”.

Das ist nur eines der vielen sich einprägenden Szenenbilder in dieser 100minütigen Kurzfassung des Stückes. Das für mich schönste und die Atmosphäre der Halleschen Weber-Inszenierung vielleicht am nachdrücklichsten vermittelnde Bild, ist der Einstieg: das chorisch-liturgische Schreiten der Weber. Wie Kette und Schiffchen im Produktionsprozess gleiten sie ineinander, sind gleichsam verwoben in ihrem Schicksal. Mit dieser gelungenen Metapher für den alten Produktionsprozess korrespondiert das Schlussbild: Die Eisenbahn triumphiert auf der Ebene der Macht, die Industrialisierung walzt alles nieder: den ausgebeuteten Weber wie seinen Ausbeuter. Einziger Profiteur ist der Expedient Pfeifer, ein Managertyp, der ungerührt und nur die Ergebnisse bilanzierend über Wallstatt der Geschichte schreitet. Bravo. Bravo.

Termine unter www.kulturinsel-halle.de

03.03.2012

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