Home | Theater/Musik | Freiberg: Die Operette lebt
Freiberg: Die Operette lebt

Freiberg: Die Operette lebt

„War’s ein Traum“ – Jubel begleitete Gala für und mit Johann Strauss und Leo Fall

Die Operette lebt und dies auf besondere Weise im Mittelsächsischen Theater Freiberg/Döbeln. In einer exzellenten Aufführung beweist dort das oft verkannte und als überwunden erklärte Genre seine ungebrochene Kraft zur Faszination. Jubel beim Publikum. Theater ohne Johann Strauss und Leo Fall geht gar nicht…

Von Frieder Krause

Szene aus der Operettengala „War’s wohl ein Traum“

Da dachte sich Intendant Sergio Raonic Lukovic, man müßte doch wieder einmal eine Operettengala in den Spielplan einfügen. Der Chefdramaturg des Mittelsächsischen Theaters Dr. Christoph Nieder nahm die Idee gerne auf und fand in der Würdigung von Eckdaten zweier Komponisten einen Leitfaden für einen unterhaltsamen und informationsreichen Spaziergang durch das Reich der sogenannten „leichten“ Muse.

Da gibt es 2025 den 200. Geburtstag von Johann Strauss und den 100. Todestag von Leo Fall zu würdigen. Und so wird eine Zeitreise von der Walzerseeligkeit bis in die quirlige Welt des Dollars möglich. Unter dem Motto „War´s wohl nur ein Traum“ erklingen wohlvertraute Walzer und Duette, heute seltener zu hörende Foxtrotts und Chansons in all ihrem Zusammenhang von Märchenhaften, Banalem, Kitschigem, Witzigen, Kritischem im Spiegelbild ihrer Entstehungszeit.

Gefühlvoll und schwungvoll

Eingeleitet wird das Gala-Programm mit der Ouvertüre 1907 von Leo Fall, die die zu erwartende Vielfalt auch mit Anleihen anderer Komponisten wie z. B. Carl Millöcker widerspiegelt. Bereits hier wird deutlich, dass die Mittelsächsische Philharmonie unter dem klaren Dirigat ihres GMD Attilio Tomasello alles an Gefühlvollen, Schwungvollen aufbietet, um den Abend zu einem berauschenden Erlebnis werden zu lassen.

Für die Gesangsparts ist fast das gesamte Musiktheaterensemble aufgeboten worden. Es ist im Rahmen dieser Rezension unmöglich, alle Solisten zu würdigen.

Szene Frank Unger und Heain Youn

Doch zuvor ein Wort zum Chor des Mittelsächsischen Theaters in der Einstudierung von Pawel Serafin, der immer wieder mit seiner Klangschönheit, aber vor allem mit seiner Spielfreude, auch im konzertanten Geschehen, begeistert. Jedes Mitglied desselben ist in der Lage, auch selbständig Charaktere zu formen. Und natürlich konnte er die schönen choreographischen Vorgaben von Ulyana Belova umsetzen.

Keine Nachwuchssorgen

Dass sich die Klangschönheit ihres Soprans gesteigert hat, zeigte Lindsay Funchal vielfältig bei Melodien aus der Strauss´schen „Fledermaus“, dem „Schreibmaschinenmädel“ von Leo Fall und in dessen Automobil-Terzett sowie in einem Duett aus „Karneval in Rom“.

Der spielfreudige Tenor Frank Unger blieb seinem gutem Ruf hinsichtlich Klangschönheit und Stimmkraft als Eisenstein der „Fledermaus“ oder im Duett „Wer uns getraut“ aus dem „Zigeunerbaron“ und beim „Karneval in Rom“ nichts schuldig.

Sein junger Kollege Inkyo Park zeigte mit einem Lied aus der Fall´schen „Rose von Stambul“ und dem Lagunenwalzer aus „Nacht in Venedig“, dass man am Mittelsächsischen Theater keine Nachwuchssorgen hat.

Bewährtes und Überraschungen

Bariton Angus Simmons brachte den Wohlklang seiner Stimme mehrmals in das Programm ein. Und was für ein Urkomödiant ist Bassist Frank Blees! Sein profunder Bass begeisterte bei einem Terzett aus Leo Falls „Der liebe Augustin“ und in besinnlicher Form mit der Walzerromanze „Ich denke gern zurück“ von Johann Strauss.

Spielfreudig im Vortrag: Lindsay Funchal und Frank Unger

Die Überraschung des Abends für mich: Die Mezzosopranistin Heain Youn. Bei „Ich bin General“ aus „Prinz Methusalem“ von Strauss oder beim „Sag Schnucki zu mir“ aus Falls „Rose von Stambul“ hat sie ein Feuerwerk aus Klangschönheit und Komödiantentum gezündet. Krankheitsbedingt entfiel ein Terzett aus „Der liebe Augustin“. Dafür sang Bariton Beomseok das Auftrittslied des Danilo aus Franz Lehars „Die lustige Witwe“ so klangschön und besinnlich, dass es auch bei den weiteren Aufführungen im Programm bleiben sollte.

Moderation voll Herzenswärme

Mit Susanne Engelhardt hatte ein Ensemble-Urgestein die Moderation übernommen und damit ihre gesamte künstlerische Reife bewiesen. Eine auf so dem Publikum gegenüber freundliche, unaufdringliche, informative und das Spektrum des Anliegens dieser Gala Abbildende Moderation erlebt man höchst selten. Bravo!

Für Video und Ton waren Thomas Fiedler und Ahmad Shalaby zuständig. So waren auf der Leinwand im Bühnenhintergrund die beiden Komponisten allgegenwärtig, gleichfalls zur jeweiligen Szene passende Stimmungen. Trotz der Platzbeschränkung durch das auf der Bühne sitzende Orchester ist ausstattungsmäßig noch Luft nach oben. So hätten in den seitlich platzierten großen Vasen Blumenarrangements die Wirkung erhöht.

Mit dem Quartett „Alle maskiert“ aus „Nacht in Venedig“ (In der Zugabe mit dem gesamten Ensemble) klang der vom Publikum bejubelte Abend aus.

Annotation

„War’s wohl ein Traum„. Operettengala zum 200. Geburtstag von Johann Strauss und zum 100. Todestag von Leo Fall, Mittelsächsisches Theater Freiberg/Döbeln. Konzeption und Dramaturgie: Dr. Christoph Nieder, Musikalische Leitung: GMD Attilio Tomasello, Szenische Einrichtung: Sergio Raonic Lukovic, Choreographie: Ulyana Belova, Choreinstudierung: Pavel Serafin

Solisten des Musiktheaterensembles, Chor des Mittelsächsischen Theaters, Mittelsächsische Philharmonie, Moderation: Susanne Engelhardt

Premiere und besuchte Vorstellung 21.09.2024 im Theater Freiberg; veröffebtlicht 27.09.2024

FOLGETERMINE

13.10.2024, 17.00 Uhr, Theater Freiberg

20.10.2024, 17.00 Uhr, Theater Freiberg

31.12.2024, 14.30 Uhr und 19.30 Uhr, Theater Freiberg

22.02.2025, 19.30 Uhr, Theater Döbeln

02.03.2025, 15.00 Uhr, Theater Döbeln

Credits

Text: Frieder Krause, freier Theaterkritiker; Altenburg, Gera

Fotos: © Albrecht Holländer

Scroll To Top