Power, Poesie und Pointen adeln eine Neuinszenierung des „Barbier von Sevilla“
„Jubelfeier für Rossini“ – so könnte man den rauschenden Premierenabend vom vergangenen Sonnabend im Freiberger Haus des Mittelsächsischen Theaters betiteln. Denn er ist an Lebendigkeit im Wechselspiel der Musik Rossinis in der Wiedergabe durch die Mittelsächsische Philharmonie, der Regieeinfälle und der Spiellust der Protagonisten schwer überbietbar.
Von Frieder Krause
Man könnte aber auch vom Geheimnis bzw. der Kraft von drei P sprechen – Power, Poesie und Pointen – sprechen, wie die künstlerische Koordinatorin Judica Semler auf der Premierenfeier aufmerksam machte. Dafür steht kongenial die Regiekunst von Barbara Schöne und die Ausstattung von Jeannine Cleemen. Schöne gibt dem Libretto von Cesare Sterbini nach Beaumarchais mit viel Tempi bei Liebe, Verführung, Intrigen wie Verleumdung die nötige Würze. Selten erlebbar die ständige Präsenz Marcellinas in ihrer Bindung zu Bartolo und der zu vermeldeten Schwangerschaft. Cleemen erzielt mit wenigen Teilen wirkungsvolle Handlungsorte und zudem ein frohes Farbspiel – rot für das spanische Sevilla, Blau für den italienischen Himmel Rossinis?
Gut auch der Wechsel in der sprachlichen Wiedergabe – Deutsch für die Rezitative, in Italienisch für Cavatine, Canzonette, Arie, Terzett, Quintett oder Stretta.
Bei der Übertitelung erfolgt keine Textwiedergabe, sondern ein klarer Handlungsablauf. Punkten tuen weiter die vielfältigen Effekte bei der Verleumdungsarie und der Gewittermusik.
Erwartungsgemäß lag die geniale Musik Rossinis mit ihrem Tempi im Können der Mittelsächsischen Philharmonie unter Attilio Tomasello, erfreulich die Klangwelt im Bläserbereich.
Hut ab vor allen acht Solisten und den sieben Chorherren unter Maro Riha. Was sie an Tempi, Spielfreude, Charakterisierung in Gestik und Mimik aufbringen spendet dem Zuschaer viel Freude. Dazu kommt der Wohlklang aller Stimmfächer und die geniale Mischung junger, aufstrebender – z.B. Inkyo Park als Almaviva, Beomsekseok Choi als Figaro sowie Heain Youn als Marcellina – und über viel Erfahrung verfügende Theatermimen wie Lindsay Funchal (Rosina), Frank Blees (Bartolo), Gregor Roskwitalski (Basilio) und Frank Unger (Fiorillo).
Park steigert im Laufe des Abends immer mehr seinen tenoralen Glanz, Choi als Idealbesetzug sorgt mit seiner Bravourarie bezüglich seiner Umtriebigkeit für den ersten Jubelsturm des Premierenpublikums. Den erzielt auch Youn mit ihrem Nachdenken über die Liebe. Funchals Sopran verbreitet Wohlklang und meistert souverän die Koloraturen. Frank Blees zeichnet brillant den Liebesschwerenöter Bartolo in Mimik und stimmlichen Wohlklang, Roskwitalski entfaltet eine schier unglaubliche Beweglichkeit seiner Verschlagenheit in Sachen Verleumdung. Frank Unger stellt seine Vielfalt in den Dienst des Geschehens. Eine Glanzleistung weiter die Unterwürfigkeit des stummen Dieners Ambrogio durch Stefanie Metzler.
Also einfach hingehen, hinfahren! Auch die Doppelbesetzungen versprechen viel.
Annotation
„DER BARBIER VON SEVILLA“, Komische Oper in zwei AKten von Cesare Sterbini, Musik von Gioachino Rossini am Mittelsächsischen Theater. Regie: Barbara Schöne; Musikalische Leitung: Attilio Tomasello; Ausstattung: Jeannine Cleemen; Chorenstudierung: Maro Riha; Lichtdesign: John Gilmore; Dramaturgie/Übertitel: Dr. Christoph Nieder; Besetzung: Graf Almaviva: Inkyo Park, Bartolo: Frank Blees; Rosina: Lindsay Funchal, Figaro: Beomseok Choi, Basilio: Gregor Roskwitalski, Marcellna: Heain Youn, Fiorillo, Offizier, Notar: Frank Unger, Ambrogio: Stefanie Metzler
Besuchte Vorstellung: Premiere Freiberg am 25.11.2023; veröffentlicht 30.11.2023
Premiere in Döbeln am 16.12.2023
weitere Termine:
Sa., 09.12.2023, 19.30 Uhr, Freiberg
Sa., 16.12.2023, 19.30 Uhr, Döbeln
Fr., 22.12.2023, 19.30 Uhr, Freiberg
Do., 28.12.2023, 19.30 Uhr, Freiberg
So., 28.01.2024, 15.00 Uhr, Döbeln
Do., 29.02.2024, 19.30 Uhr, Freiberg
So., 03.03.2024, 17.00 Uhr, Freiberg
Sa., 06.04.2024, 19.30 Uhr Freiberg
Sa., 20.04.2024, 19.30 Uhr, Döbeln
Credits
Text: Frieder Krause, freier Theaterkritiker, Altenburg
Fotos: © Detlev Müller
Szenenbilder