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Corinna Klußmann entdeckt „flora und faulsein“

Corinna Klußmann entdeckt „flora und faulsein“

Alexander Belavin zum dritten Mal in der Alten Handelsschule.

Es ist Freitag, der 9. Oktober, und ich bin wieder in der Alten Handelsschule. Diesmal bin ich etwas später dran, es ist ungefähr Viertel nach Sieben, und es sind bereits Menschen anwesend. Anlass ist die Vernissage der Ausstellung „flora & faulsein“ von Alexey Belavin. Wie ich in der kurzen Ansprache von Barbara Röhner erfahre, ist es bereits die dritte Ausstellung des Künstlers in der Alten Handelsschule.

Zentral in der rechten Hälfte der Aula befindet sich eine Installation. An ‚Tisch & Stuhl‘ könnte man Platz nehmen, wenn man ungefähr die doppelte Körpergröße hätte. Und wenn der Stuhl eine Sitzfläche und der Tisch eine Platte hätte. Es ist die überlebensgroße, dreidimensional gewordenen Zeichnung von Tisch und Stuhl aus Holz. In der linken Raumhälfte wird auf eine Leinwand das ‚Paläokino‘ projiziert. Zu sehen sind Palmenblätter vor sonnigem, blauem Himmel, die sich im Wind bewegen. Die Frau des Künstlers spielt dazu live Orgelklänge.

Die unbetitelten Objekte gegenüber dem Eingang sind in 3-D-gedruckte Zeichnungen des Künstlers. Sie wirken wie mit Fäden umsponnen. Es gibt ein Telefon, auf dem ein Ast mit Blättern zu wachsen scheint. Ein Objekt, das an eine Mischung aus einer Birne und einer Laute erinnert, mit einem menschlichen Kopf am Hals. Auf dem Türrahmen daneben stehen zwei vorwitzige Pilze.

An den Wänden der Aula befinden sich Malereien. Aquarell und Acryl auf Leinwand sind die vorherrschenden Materialien. Die titelgebende Flora fällt einem sofort ins Auge, ist sie doch in den meisten Werken Belavins präsent. Im Folgenden ein paar Schlaglichter auf ausgewählte Werke:

‚Wellung‘ zeigt einen Blätterdschungel. Durch verschiedene Blautöne entsteht der Eindruck von Dämmerung oder Nacht. Im unteren Bildteil sind Blätter in Rosa, Lila und Türkis. Ihre Form erinnert an einen Wal, ohne sehr konkret zu werden.

Das eiförmige ‚Das Zimmer‘ zeigt im unteren Bildbereich eine Sitzgruppe und einen Schneeleoparden. Der restliche Raum ist mit rosa-weißen Formen gefüllt, die an Wolken, Pusteblumen, Pilzsporen oder Baumkronen erinnern. Es entsteht ein surrealer, träumerischer Eindruck. Das unten angedeutete Zimmer scheint sich aufzulösen und von der Natur geschluckt zu werden.

‚Das Haus‘ ist eher eine Hütte, platziert vor einer Baumgruppe. Unter einem grau-weißen Himmel dominieren Weiß und Blautöne, wodurch ein frostiger Eindruck entsteht. Im Vordergrund der Winterlandschaft sind die Silhouetten von Tieren – Füchse und Hasen – zu erkennen. Vielleicht handelt es sich hier um ein Sommerhäuschen, das im Winter von der Natur zurückerobert wird.

In ‚Mikrokosmos‘ sind auf grünem Grund dunkle Blätter sowie eine menschliche Silhouette zu sehen. Darüber liegen weiß-graue Formen, die an Schwebkörper oder Luftblasen erinnern. Gemeinsam mit der Farbigkeit, die undurchdringlich wirkt und an Dunkelheit erinnert, entsteht der Eindruck, wir befänden uns unter Wasser.

Die Natur steht in Alex Belavins Werk an zentraler Position. Pflanzen sind oft das Hauptmotiv. Aber es geht auch um das Verhältnis zwischen Mensch und Natur. Eine wichtige Rolle spielt zudem die unbekannte, rätselhafte Natur, in der es noch viel zu entdecken gibt. Auch stellt der Künstler sich die Frage, wie die Natur ohne den Menschen aussähe. Auf seiner Website (http://www.belavin.de/de-about.html) beschreibt Belavin wie er beim Betrachten und Malen von Landschaften nicht nur die Natur sieht. Er zwingt sich daran zu denken, dass diese auch Rohstoffe und Bodenschätze beinhalten, die eines Tages vielleicht gewinnbringend abgebaut werden.

Beim Betrachten der Werke von Alex Belavin sollte man sich Zeit nehmen. Vieles erschließt sich erst bei näherer oder nochmaliger Betrachtung. Den Blickwinkel ändern oder auch den Abstand zum Werk variieren, kann neue Eindrücke wecken. In manchen Werken entdeckt man erst dann, was außer Pflanzen noch dargestellt ist. Viele der Malereien bekommen dadurch eine verträumte, magische oder surreale Anmutung. Schwebt da wirklich ein Wal im Wald? Ist da ein Mensch unter Wasser?

Die titelgebende ‚Flora‘ muss man in dieser Ausstellung nicht lange suchen. Aber auch das ‚Faulsein‘ ist zu erkennen. Am greifbarsten wird es für mich im ‚Paläokino‘. Es erinnert daran, im Park unter Bäumen zu liegen und die Sonne durchs Blätterdach blitzen zu sehen. Und weckt damit auch ein Gefühl von friedlicher Entspannung in mir. Viele der Werke in der Ausstellung strahlen Ruhe und Frieden aus. Es sind entspannte Bilder, die zum Entdecken auffordern und zum Nachdenken anregen.

Credits:

Unsere Autorin Corinna Klußmann ist Kunsthistorikern und lebt in Leipzig.

Die Ausstellung flora & faulsein läuft bis 7. November

Galerie Alte Handelsschule | Gießerstraße 76|04229 Leipzig

Öffnungszeiten: Mo-Do.: 9-11:30, Fr.-So.: 11-18 Uhr u.n.V. unter info@arsavanti.de

Bitte achten Sie auf eine Mund-Nasen-Bedeckung und wahren den erforderlichen Abstand. Ausreichend Parkplätze befinden sich auf dem Hof der Alten Handelsschule.  Bitte benutzen Sie dort den Hintereingang.

Foto: (3) © moritzpress/Corinna Klußmann, © Barbara Röhner

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