Jasmin Sarah Zamani inszenierte „Viel Lärm um nichts“
Am Annaberg-Buchholzer Theater gibt es aktuell eine Inszenierung von „Viel Lärm um nichts“, bei welcher man sich fragt, ob Shakespeare wirklich schon vor 400 Jahren gestorben ist. Wie unmodern waren eigentlich die letzten Jahrhunderte?
Von Eva Blaschke
William Shakespeare starb im Jahr 1616. Alle anderslautenden Theorien ignorieren wir jetzt einmal. In der Komödie „Viel Lärm um nichts“ geht es unter anderem um eine junge Frau, die sich für die Ehe zu schade ist und deren Meinung über Männer problemlos ins Jahr 2023 passt. Wenn Shakespeare wirklich schon seit über 400 Jahre tot ist, war das 17. Jahrhundert in einiger Hinsicht fortschrittlicher als die nachfolgenden Zeiten.
Vor der Sprachgewalt eines William Shakespeare verneigt man sich sowieso jedes Mal aufs Neue bis hinab zum Erdboden. Das Faszinierende an diesem Dichter ist darüber hinaus, dass alle Figuren bis ins Letzte durchdacht sind. Man versteht die Motivation aller, auch der Bösewichte, manchmal mehr als einem lieb ist.
Die zweite Verbeugung erfolgt dann vor der Regisseurin Jasmin Sarah Zamani. Von ihr stammt auch die neue (Text)Fassung des Werkes. So etwas so hinzubekommen, dass dem Zuschauer die Bearbeitung erst hinterher bewusst wird, ist große Kunst. Heißt es doch, dass der Originalton und –geist des Werkes getroffen wurde.
Da die Frauenfiguren an diesem Werk das ohnehin Interessanteste sind, werden in dieser Inszenierung auch einige Rollen mit Frauen besetzt, welche im Original Männer sind. Der Handlung tut das keinen Abbruch. An einigen Stellen sind die Beweggründe der Figuren dadurch sogar schlüssiger. Das ausgiebige Beleuchten der einzelnen Charaktere ist möglich, weil das Stück auf acht Rollen reduziert wurde. Vermissen tut man nichts, die Handlung gewinnt dadurch eher an Schärfe.
Ergänzt und erstaunlich schlüssig vertieft wird das Ganze durch moderne Gesangseinlagen. Hätten Sie erwartet, dass man das Innenleben von Shakespeare-Charakteren mit Udo Lindenberg oder Culcha Candela passgenau beschreiben kann? Also ich nicht. Umso beeindruckter war ich. Es verbinden sich alle Elemente gekonnt zu einem erfrischend spritzigen und sehr unterhaltsamen Abend.
Die Ausstattung von Monika Frenz steht dem nicht nach. Sie ist überaus durchdacht, auf die Aussageabsicht der Regie und die Körper der Schauspieler, abgestimmt in Verbindung von alten Elementen mit aktuellen Kleidungsstilen. Die acht Darsteller liefern eine gute, geschlossene Ensembleleistung, mit große Emotionen und viel Spielfreude.
Von mir gibt es eine klare Besuchsempfehlung. Diese Inszenierung ist für Shakespeare-Einsteiger, Sprachliebhaber und Jugendliche gleichermaßen geeignet. Hut ab!
Annotation
„Viel Lärm um nichts“. Komödie von William Shakespeare, Textfassung von Jasmin Sarah Zamani auf Grundlage der Übersetzung von Wolf Heinrich Graf von Baudissin. Erzgebirgische Theater- und Orchester GmbH, Theater Annaberg-Buchholz. Inszenierung Jasmin Sarah Zamani, Ausstattung Monika Frenz , Musikauswahl Jasmin Sarah Zamani, Musikalische Leitung Peggy Einfeldt / Markus Teichler, Dramaturgie Silvia Giese. Besetzung: Leonato, Gouverneur von Messina: Udo Prucha, Hero, Leonatos Tochter: Nadja Schimonsky, Beatrice, Leonatos Nichte: Anna Bittner, Don Pedro, Fürst von Aragon: Marvin Thiede, Claudio, Edelmann im Gefolge Don Pedros: Benedict Friederich, Benedict, Edelmann im Gefolge Don Pedros: Rouven Klischies, Doña Juana, Halbschwester Don Pedros: Marie-Louise von Gottberg, Borachies, Gefolge Doña Juanas: Gisa Kümmerling
Premiere und besuchte Vorstellung 16.09.2023; veröffentlicht 10.10.2023
Weitere Termine: 29.10.23, 15.00 Uhr; 25.11.23, 19.30 Uhr; 27.12.23, 18.00 Uhr; 05.01.24, 10.00 Uhr; 26.01.24, 19.30 Uhr
Credits
Text: Eva Blaschke, Freie Theaterkritikerin
Bilder: © Dirk Rückschloß / Pixore Photography