Viel Beifall für Gegenwartskomödie von Sebastian Castro
Wer einfach einmal herzlich lachen und die Welt um sich herum vergessen möchte, ist derzeit im Eduard-von-Winterstein-Theater in Annaberg-Buchholz richtig. Gegeben wird die Komödie „Ab in den Schrank“ von Sébastien Castro.
Von Eva Blaschke
Sébastien Castro ist ein französischer Theater- und Filmschauspieler, welcher insbesondere als Komiker große Erfolge feiert. 2019 wurde sein erstes Theaterstück uraufgeführt: „Ab in den Schrank“. Dabei handelt es sich um eine moderne Komödie, in welcher Handys und Dating Apps eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Wenn man etliche Exfreundinnen hat, kann man versehentlich schon mal der falschen eine Nachricht schreiben. Dumm nur, wenn man wegen dieser Frau gerade erst umgezogen ist und seine Handynummer gewechselt hat.
Wenn an diesem Tag der Nachbar auch noch die Rückwand des Einbauschrankes herausgesägt hat und es plötzlich einen Durchgang zwischen beiden Wohnungen gibt, ist die Grundlage für allerlei komische und absurde Situationen gegeben. Sébastien Castro verarbeitet von pflegebedürftigen Angehörigen über hohe Mieten die Lebensrealität heutiger Menschen und spricht damit auch ein junges Publikum an.
Insgesamt rauscht die Komödie durch wie ein Wasserfall: Laut, kräftig und frisch. Es ist ein höchst unterhaltsamer, alles andere vergessend machender Abend. Hinterher bleibt nichts zurück. Keine tiefer liegende Ebene oder Zeitkritik. Das war auch nicht der Anspruch des Autors. Er wollte eine Boulevardkomödie schreiben und das ihm gut gelungen.
Die sieben Rollen des Stückes sind mit sechs Schauspielern aus dem Ensemble des Winterstein-Theaters gut besetzt. Rouven Klischies (Youssouf) als Inhaber der einen Wohnung beginnt sehr zurückhaltend, steigert sich aber im Laufe des Abends deutlich und formt seine Rolle schließlich beeindruckend aus. Insbesondere gelingt ihm ein ausgeglichenes Zusammenspiel mit seinen Kollegen. Benedict Friederich (Guillaume) als Besitzer der zweiten Wohnung startet mit deutlich stärkerer Bühnepräsenz, die anfangs zu Lasten seiner Mitspieler geht, findet dann aber in ein gutes Spiel.
Von den drei Frauenfiguren ist Christelle (als Exfreundin von Guillaume), gegeben von Mira Sanjana Sharma, am beeindruckendsten. Frau Sharma punktet mit starker Ausstrahlung, Schönheit und Präsens. An einigen Stellen besteht auch hier die Tendenz, etwas zu stark zu agieren, denn alle Rollen bewegen sich auf gleicher Höhe zueinander. Marie-Louise von Gottberg (als Sabine) überzeugt als bodenständige, aber für neue Erfahrungen offene und sich entwickelnde Figur. Nadja Schimonsky (als Julie) gibt eine Großstadtpflanze mit chic, bleibt aber ein wenig unter ihren Möglichkeiten.
Den erst spät im Stück auftauchenden Gabriel gibt Udo Prucha mit seiner ganzen Lebenserfahrung: Komisch, bedrohlich und gleichzeitig schräg, ohne ins unglaubwürdige abzugleiten. Die siebente, stumme, kleine Rolle der Madame Brachet ist ebenfalls mit Mira Sanjana Sharma besetzt. Insgesamt lieferten alle Schauspieler als Ensemble eine ordentliche Leistung ab, genauso wie das Inszenierungsteam.
„Ab in den Schrank“ ist als lustiger und unterhaltsamer Abend des Ansehens wert.
Annotation
„Ab in den Schrank“. Komödie von Sébastien Castro. ETO, Eduard-von-Winterstein-Theater Annaberg-Buchholz. Inszenierung – Felix Metzner, Ausstattung – Marc Mahn, Dramaturgie – Asia Schreiter
Besetzung
Guillaume – Benedict Friederich, Yussuf – Rouven Klischies, Sabine – Marie-Louise von Gottberg, Christelle – Mira Sanjana Sharma, Julie – Nadja Schimonsky, Gabriel – Udo Prucha, Madame Brachet – Mira Sanjana Sharma
Besuchte Vorstellung: Premiere Theater Annaberg-Buchholz, 13.01.2024; veröffentlicht: 16.01.2024
Weitere Vorstellungen:
Mi 17.01.24 19.30 Uhr
Sa 20.01.24 19.30 Uhr
So 11.02.24 19.30 Uhr
Sa 09.03.24 19.30 Uhr
Do 21.03.24 19.30 Uhr
So 31.03.24 19.30 Uhr
Sa 27.04.24 19.30 Uhr
Sa 11.05.24 19.30 Uhr
Credits
Text: Eva Blaschke, freier Theaterkritikerin, Annaberg-Buchholz
Fotos (2): Dirk Rückschloß / Pixore Photography