Ausgedehnter musikalischer Spaß „Im weißen Rössl“
„Zuschaun kann i net“ behauptet der verliebte Zahlkellner Leopold mehrfach. Solches sollte man aber beim launigen Sommertheater des Mittelsächsischen Theaters Freiberg/Döbeln mit Ralph Benatzkys „Im weißen Rössl“ auf der Seebühne Kriebstein. Dazu ergeben sich bis Ende August noch etliche Chancen.
von Frieder Krause
Regisseur Sergio Raonic Lukovic setzt bei der Umsetzung des allseits bekannten Stoffes aus dem Salzkammergut, der mit drei glücklichen Paaren endet, auf drei wesentliche Säulen. Zuerst ist da Bühnenbildner Tilo Staudte zu nennen. Geschickt hat dieser ein Panorama des Gasthofes, der Ortskirche und der Berge in das Wasser der Talsperre gesetzt, integriert in eine Brücke ein Toilettenhäuschen und in den Treppenaufgang zum bedeutungsvollen Zimmer 4 einen ab und an krähenden Hahn. Beides erzeugt erheblichen Spass. Überhaupt wird das Element Wasser gut genutzt, die Poststation schwimmt im See und Boote fahren auch. Staudte hat in Nina Reichmann eine kongeniale Partnerin, die optimal alle Darsteller rollengerecht und farbenfroh ausgestattet hat.
Er hat weiter die Mittelsächsische Philharmonie, die seiltlich platziert Benatzkys Ohrwürmer unter dem Dirigat von Bennet Eicke stimmungsvoll zum klingen bringt. Schade die gelegentlichen tontechnischen Schwierigkeiten.
Und Lukovic hat einen weiteres Pfund: Sein Ensemble, das trotz seiner kleinen Personalstärke Größe ganz einfach zaubert. Da ist der MIT-Chor (Einstudierung Pawel Serafin) mit verschiedenen Aufgaben, darunter das Hotelpersonal, das unter der Obhut von Nicole Eckenigk alpenländischen wie modernen Tanz perfekt darbietet. Und die Statisterie erweitert all dies. Wohlgemerkt, wir sind in einem „kleinen“ Theater.
Die zahlreichen Vorstellungen erfordern natürlich auch Doppelbesetzungen. Und auch dies ist gut gelöst. Da gibt es wohl verschiedene „Handschriften“, aber kein Besucher wird gleich welche Vorstellung eine schlechte Leistung erleben.
Es ist in diesem Rahmen nicht möglich, alle Darsteller zu würdigen – verdient haben sie es alle. Erwartungsgemäß war in der von mir besuchten Vorstellung Frank Unger die Idealbesetzung für den Zahlkellner Leopold. Sein natürliches, nie aufgesetztes Spiel sorgte für uneingeschränkte Sympathie. Auch stimmlich blieben keinerlei Wünsche offen. Sportlich ergänzte er dies als flotter Paddler und rasanter Radfahrer.
Ihm zur Seite ebenfalls symphatisch im Spiel und mit stimmlichen Wohlklang Jana Büchner als Josepha Vogelhuber. Ihre Wirtin könnte sie noch mit etwas mehr Resolutheit würzen. Der von ihr anfangs begehrte Dr. Siedler, Timo Schabel, steigerte sich stimmlich im Verlauf der Vorstellung wesentlich. Natalie Heiß könnte ihr anrührendes Spiel als Klärchen mit einem sicheren „S-Fehler“ aufwerten.
Eine wahrlich schöne Charakterstudie steuerte mit dem Kampf bezüglich seines Hosenpatents und seiner Urlaubssehnsucht nach Ahlbeck und dem Müggelsee Andreas Pannach als Wilhelm Giesecke bei.
Die Regie, die keine Note auslässt – eher erweitert – wertet den Kaiserbesuch auf. Da ist zunächst unklar, wer kommt. Franz Beckenbauer? Roland Kaiser? Oder eben Franz Joseph höchst selbst (würdevoll Andreas Kuznick)… Leopold alias Frank Unger brachte da noch ein Medley des Schlagerstars zu Gehör.
Insgesamt also ein sehens- und hörenswertes ZUSCHAUN, das vielleicht eine kleine Kürzung vertragen hätte.
Annotation
IM WEISSEN RÖSSL. Singspiel in drei Akten. Nach einem Lustspiel von Blumenthal und Kadelburg. Gesangstexte von Robert Gilbert. Musik von Ralph Benatzky. Mittelsächsisches Theater Freiberg/Döbeln SEEBÜHNE KRIEBSTEIN. Regie: Sergio Raonic Lukovic, Musikalische Leitung: Bennet Eicke, Bühnenbild:Tilo Staudte, Kostümbild: Nina Reichmann, Choreographie: Nicole Eckenigk, Dramaturdie: Christoph Nieder, Mittelsächsische Philharmonie, MIT-Chor, Statisterie
Besetzung
Josepha Vogelhuber, Wirtin: Jana Büchner/Susanne Engelhardt, Leopold Brandmeyer, Zahlkellner: Frank Unger/Alexander Donesch, Wilhelm Giesecke, Fabrikant: Andreas Pannach/Holger Thews, Ottilie, seine Tochter: Marina Medvedeva/ Lindsay Funchal, Dr. Otto Siedler, Rechtsanwalt: Timo Schabel/Hans Kittelmann, Sigismund Sülzheimer: Fabian Vogt/Yannik Graf, Professor Hinzelmann:Gregor Roskwitalski/Peter Peniaska, Klärchen, seine Tochter: Natalie Heiß/Anna Burger/Tonja Ariana Gold, Der Kaiser: Andreas Kuznick/Frank Blees, Kathie, Briefträgerin. Domenica Radlmaier, Piccolo: Lukas Reinsch
Premiere: 21./22.06.2024; Besuchte Vorstellung: 16.07.2024, 18.00 Uhr; veröffentlicht 19.07.2024
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24.08.2024
jeweils 20.00 Uhr
Credits
Text: Frieder Krause, freier Theaterkritiker, Altenburg
Fotos: © Detlev Müller