5. Station: Energiefabrik Knappenrode. Der Freistaat Sachsen bereitet sich auf das Jahr der Industriekultur 2020 vor. Die bekannten Standorte ertüchtigen sich für den zu erwartenden Besucheransturm. Neue kommen hinzu und komplettieren das Bild. Was erwartet die Touristen, wenn sie sich aufmachen und Industriekultur in Sachsen erleben wollen
Es berichtet Dr. Christine Scheel.
Ein Geburtstagsgeschenk mit Folgen oder Auf unbekannten industriekulturellen Wegen im Nordosten Sachsens
Alles fing mit einem kleinen, kaum scheckkartengroßen Stück Pappe an. Jahreskarte fürs Industriemuseum Sachsen stand darauf. Darunter vier Felder mit entsprechenden Namen und Logos sowie Platz zum Abstempeln.
Chemnitz war verzeichnet und auch bei Crimmitschau hatte ich zumindest eine Vorstellung. Ebenso bei Ehrenfriedersdorf. Das klang vertraut, wenn ich auch noch nie dagewesen war.
Aber bitte wer oder was ist Knappenrode? Und wo liegt das überhaupt? In Sachsen?
Ein Blick auf die Karte zeigt: Knappenrode liegt in der Niederlausitz, südlich von Hoyerswerda, an der Grenze zu Brandenburg. Eine Gegend, die schon mehrmals tiefgreifende sowohl (geografische) als auch industrielle Strukturwandel durchlebt hat. Eine Gegend, in der Krabat zu Hause ist.
Und in ebendieser Gegend, umgeben von neuen und alten Seen, von Feld und Wald, von kleinen Dörfern, liegt – nein besser thront – die ehemalige Brikettfabrik Knappenrode.
Ein Gigant wie aus dem Nichts.
Ein gestrandeter Industriekolloss im gefühlten Nirgendwo.
Doch geht man erst durchs Tor, setzt sich den obligatorischen Helm auf und betritt eines der vielen Gebäude, dann wird alles plötzlich lebendig. Man erblickt Arbeiter an den Maschinen, sieht wie sich große Turbinen drehen und beobachtet gespannt die Kontrollinstrumente.
Es ist vielfach als hätte die Arbeiter nur kurz das Werk verlassen. Und wirklich – dann kommen sie (zumindest akustisch) zurück. Punkt 12 erbebt das Haupthaus und fängt an, authentische Geräusche zu machen. Wechselndes Licht tut sein Übriges dazu. Auch wenn sich (leider derzeit) kein einziges Rad dreht, fühlt es sich mehr als echt an. Ist laut, ohrenbetäubend laut. Hier wollte man vermutlich nicht selbst gearbeitet haben. Heute wo alles so smart und clean ist.
Natürlich gibt es auch noch tolle Ausblicke vom 22 m hohen Treppenturm übers Lausitzer Revier, thematisch ergänzende Ausstellungen, eine kleine und eine große Eisenbahn, verschiedene Mitmachaktionen und noch vieles mehr.
Ein Vielmehr an Besuchern könnte der riesige Komplex schon vertragen. Da ist noch Luft nach oben.
Und verbinden ließe sich das Ganze perfekt mit einer Radtour z.B. nach Cottbus ins ehemalige Dieselkraftwerk (heute ein Standort der Landesgalerie Brandenburg) oder einem Besuch im Zuse-Computer-Museum in Hoyerswerda.
Also gleich ganz oben auf die Reiseziele-Wunschliste schreiben: Knappenrode. Oder besser noch, sich gleich eine Jahreskarte fürs Industriemuseum schenken lassen.
Viel Spaß beim Besuch! Energiefabrik Knappenrode
Credits:
Fotos: © moritzpress/Christine Scheel