Dank Wilhelm Kienzl ist 2018 eine solche in besonderer Form erlebbar geworden: Durch eine Aufführung des Weihnachtsmärchenspiels „In Knecht Ruprechts Werkstatt“. In der Vorweihnachtszeit geschah dies in zwei Formen, einmal szenisch innerhalb der Reihe „Theater für die Allerkleinsten“ sowie ausschnittsweise mit Erzähler in voller Orchestrierung für das Konzertpublikum.
von Frieder Krause
Das dies überhaupt möglich wurde, ist einmal mehr Intendant Dr. Ingolf Huhn zu verdanken. Sein Faible für Wiederentdeckungen hat sich wieder einmal gelohnt, wie die bestens besuchten Vorstellungen des Märchenspiels und die vielen Bravis im Konzert zeigten.
1907 erblickte das reizvolle Stück in Graz das Licht der Welt, wurde aber schnell zu Unrecht vergessen. Ein Schicksal, das der in der romantischen Wagner-Nachfolge beheimatete Kienzl später auch mit seiner großen Oper „Der Evangelimann“ erlebte. 2018 ist ersteres nun wieder in Annaberg und nur dort zu sehen und zu hören!
Die Annaberger Reihe „Theater für die Allerkleinsten“ ab 4 Jahre ermöglicht dieser Altersgruppe einen frühen Zugang zur Welt der Oper, verbunden mit pädagogischen Effekten. Im Märchenspiel erleben die Kinder anfangs einen mürrischen Knecht Ruprecht. Dieser ist angesichts der vielen Arbeit in seiner Werkstatt müde und frustriert ob der schlampigen, fordernden Wunschzettel von faulen, ungezogenen Schülern. Am liebsten würde er in Pension gehen. Der Weihnachtsengel muss einiges aufbieten, um seine Stimmung umschlagen zu lassen. Hilfe erhält er von der Märchenfee, die ihre Welt aufleben lässt. Doch diese wird klein angesichts der Weihnachtskrippe mit ihrer befriedenden Botschaft, die Knecht Ruprecht wieder verzeihen und mit Freude schenken lässt.
Umrahmt wird das musikalische Märchenspiel in der klavierbegleiteten Fassung, die Karl-Friedrich Winter und Friedhelm Peters (Harfe) werkgerecht gestalten, von weihnachtlichen Choralmotiven. Geschickt wird die von Tilo Staudte für die Annaberger „Obersteiger“-Inszenierung geschaffene Pyramide für das Spielgeschehen genutzt. Martin Scherm ergänzt den Bühnenraum mit zahlreichen Requisiten ganz im Flair einer Geschenkwerkstatt. In einer detailreichen und liebevollen Inszenierung treiben Tamara Korber und Ingolf Huhn das Spielgeschehen voran.
Die scheinbar lange Passage in der Aufreihung von zwölf Märchen dient der Wissensauffrischung um dieselben. Auf dem riesigen Gewand der Märchenfee geschieht dies effektvoll per Videosequenzen. Mit der gleichen Sorgfalt und Liebe wie Ausstattung und Regie zum Stück agieren die Mitwirkenden. Anna Bineta Diouf und Bridgette Brothers geben dabei auch klangschön dem Weihnachts(märchen)engel wie dem Postillon seine Charaktere. Den Ruprecht verkörpert Ingolf Huhn gleich selbst. Ihm ist seine Müdigkeit und der Unmut zu glauben, noch stärker sein Vergeben und die Freude an der Krippenbotschaft. Für den Hausherrn dürfte dieses auch ein persönliches Bekenntnis sein. Als Lebkuchenmänner, Mäuse und Krippenfiguren agiert der Chor des Eduard-von-Winterstein-Theaters unter der Leitung von Jens Olaf Buhrow. Ihm ist eine gewachsene Homogenität zu bescheinigen. Die Choristen zeigen zudem viel Spielwitz, so gibt z.B. Juliane Roscher-Zücker eine köstliche Studie eines gefräßigen Esels.
Eingebettet in das vom 1. Kapellmeister Dieter Klug sorgfältig ausgewählte Programm für das Annaberger Weihnachtskonzert mit einem schönen Spannungsbogen von Barockmusik bis Romantik und dem abschließenden gemeinsamen Singen von Weihnachtsliedern erklang Kienzl´s „Ruprecht“ ausschnittsweise in voller Orchestrierung. Bereits beim choralen Jubel der Ouvertüre war deutlich des Komponisten Bindung und Bewunderung des Wagner`schen Schaffens spürbar. Dieter Klug, die Erzgebirgische Philharmonie Aue, die Gesangssolistinnen und der Damenchor ließen dies vielfältig mit Verve erklingen. Ingolf Huhn agierte diesmal als Erzähler. Der das Werk abschließende Choral „Ehre sei Gott in der Höhe“ und der damit verbundene Friedenswunsch wurde dank aller Mitwirkenden zu einem tief bewegenden Erlebnis, dass auch jeden Nichtchristen in diese Stimmung mitnahm.
Es wäre wünschenswert, wenn Kienzl`s „In Knecht Ruprechts Werkstatt“ auch 2019 im Annaberger Theater erlebbar wäre und dies auch für den weihnachtlichen Erzgebirgstourismus. Gleiches gilt für Carl Zellers bergmännische Operette „Der Obersteiger“(Kunst und Technik berichtete). Passender dafür kann der Aufführungsort nicht sein. Dazu kommt die farbenfrohe Ausstattung, die musikalische Qualität, der feine Humor samt Spielfreude in der Inszenierung und in echt das Spiel einer Bergmannskapelle. Da sollten sich Marketing des Theaters, Stadt und Touristinformation unbedingt in puncto Vermarktung zusammenschließen. Annaberg hat außerhalb seines einmaligen Weihnachtsmarktes viele Trümpfe. Viele Reiseunternehmen wissen dies noch nicht……
ANNOTATION
In Knecht Ruprechts Werkstatt. Ein Weihnachts-Märchenspiel in einem Akt von Hildegard Voigt, Musik von Wilhelm Kienzl
Inszenierung Tamara Korber, Ingolf Huhn
Musikalische Leitung Karl Friedrich Winter
Ausstattung Martin Scherm
Chöre Jens Olaf Buhrow
Puppen Katrin Steinert
Video Sebastian Paul
Dramaturgie Annelen Hasselwander
Knecht Ruprecht Ingolf Huhn
Der Märchenengel Anna Bineta Diouf
Die Märchenfee Jana Burkert
Der Postillon Bridgette Brothers
Der Sonnenschein Juliane Roscher-Zücker
Der Mondschein Volker Tancke
Pfefferkuchen, weiße Mäuse, Brieftauben, Pagen, Weihnachtskrippe:
Der Chor des Eduard-von-Winterstein-Theaters
Klavier Karl Friedrich Winter
Harfe Friedhelm Peters
Posthorn Thomas McColl
Besuchte Aufführungen 16.12., 15 Uhr/17.12., 19.30 Uhr; veröffentlicht 21.12.2018
Bildquelle: (c) Christian Dageförde